Heinrich-Suso-Gymnasium

Neuhauser Str. 1 78464 Konstanz

PlanspielKlima

Planspiel Klimakonferenz

Klimaabkommen: Wie lässt sich das 2-Grad-Ziel erreichen?

HTWG-Studierende des Studiengangs „Umwelttechnik und Ressourcenmanagement“ sowie Schüler/-innen des Heinrich-Suso-Gymnasiums und des Konstanzer Humboldt-Gymnasiums simulierten in einem Planspiel gemeinsam die nächste UN-Klimakonferenz.

12 Uhr mittags, die Außentemperaturen in Konstanz nähern sich 30 Grad Celsius, im Klassenraum wird hitzig über das zwei Grad-Ziel verhandelt. Nein, es geht nicht darum, ab welchem Temperaturanstieg es hitzefrei geben muss, die Angelegenheit ist von weit größerer Tragweite: Studierende der HTWG und Konstanzer Schüler/-innen debattieren, ab welchem Temperaturanstieg der Kipp-Punkt im Klimasystem erreicht ist. Und wie sich das verhindern lässt. Klimaplanspiel nennt sich das, was Dr. Maike Sippel, Professorin für Klimapolitik, Nachhaltige Entwicklung und Global Governance, hier erstmalig an der Hochschule Konstanz anbietet. Kurz gesagt wird hier die nächste UN-Klimakonferenz simuliert.

Das Planspiel bringt Studierende im zweiten Semester des Bachelor-Studiengangs „Umwelttechnik und Ressourcenmanagement“ mit Schüler/-innen der 12. Klasse des Chemieleistungskurses des Heinrich-Suso-Gymnasiums und Achtklässer/-innen des Konstanzer Humboldt-Gymnasiums zusammen. Geleitet und moderiert wird das Planspiel von Tim Ragg, Yannik Nolle und Wolfgang Doerffel. Die Studierenden sind zur Vorbereitung des Planspiels extra in die Hochschule Reutlingen gefahren, um sich dort ein ähnliches Planspiel anzuschauen, haben sich in das Thema eingelesen und eine Strategie für das Planspiel erarbeitet. Das Lehrangebot könnte angesichts der Fridays for Future-Proteste und dem in Konstanz ausgerufenen Klimanotstand aktueller nicht sein. „Mir ist es ein Anliegen, dass die Studierenden Wissen erwerben und das Wissen in die Anwendung kommt, also nicht nur im Kopf bleibt, sondern dass sich die Studierende als Handelnde erleben. Als Menschen, die Ziele mitgestalten“, sagt Sippel. Dieses Ziel wurde erreicht: An der engagierten Atmosphäre im Raum ist abzulesen, dass jede/-r etwas zu diesem Thema zu sagen hat, das Thema niemanden unbeteiligt lässt.

Rollenspiel und Perspektivwechsel

Vor der ersten Verhandlungsrunde wurden die Teilnehmer/-innen des Planspiels Akteursgruppen zugeordnet, die auch in der Realität bei den Klimaverhandlungen eine entscheidende Rolle spielen: Indien, China, andere Schwellenländer, Europa, Regierung der USA, Städte und Staaten der USA, andere Industriestaaten. Umweltschutz und Kohlelobby dürfen ebenfalls am Verhandlungstisch Platz nehmen. Interessant ist, dass Studierende und Schüler/innen ganz bewusst einer anderen Gruppe zugewiesen wurden als der, die sie sich ursprünglich ausgesucht hatten. Die Umweltschützerin muss hier also plötzlich die Regierungsposition der USA vertreten. „Es geht uns bei diesem Planspiel auch darum, dass unsere Schülerinnen und Schüler lernen, andere Perspektiven wahrzunehmen, um so Konflikte besser lösen zu können“, erklärt Jochen Wahr. Der engagierte Chemie- und Biologielehrer des Suso-Gymnasiums berichtet, dass seit der Einführung des neuen Bildungsplans 2016 die "Bildung für nachhaltige Entwicklung" eine größere Rolle im Lehrplan spiele: „Die Schulen suchen deshalb händeringend solche Projekte.“

Vier Verhandlungsrunden gibt es in den vier Stunden, die an diesem Vormittag für das Planspiel zur Verfügung stehen. Die Teilnehmer/-innen erhielten zu Beginn der Verhandlungen eine Kurzzusammenfassung der politischen und ökonomischen Situation ihrer Delegationsgruppe, um in den Verhandlungen möglichst naturgetreu agieren zu können. In globaler Verhandlungstradition wird dieses Mal über das 2-Grad-Ziel verhandelt. Beim Planspiel im nächsten Semester soll dann mit 1,5°C als Zielmarke gespielt werden, da der wissenschaftliche Forschungsstand davon ausgeht, dass sich nur so die gefährlichsten Auswirkungen des Klimawandels vermeiden lassen.  

In die Verhandlung eingebracht werden verschiedene Parameter, die eine Auswirkung auf das 2-Grad-Ziel haben, z.B. die jährliche CO2-Reduktion, der Grad der Aufforstung, das Jahr des letztmaligen Emissionsanstiegs, Gelder, die in den Klimafonds eingezahlt werden. Ein Computerprogramm errechnet daraus in Echtzeit den voraussichtlichen Temperaturanstieg.  So wird unmittelbar klar, ob die in die Verhandlungen eingebrachten Positionen ausreichen, oder ob nachverhandelt werden muss. „Das Programm ist wirklich gut. Barack Obama hat wohl mit einer ganz ähnlichen Simulation gearbeitet vor dem Pariser Klimaabkommen“, erläutert Sippel. Das hier verwendete Programm nutze allerdings ein vereinfachtes Modell.

Eine realistische Simulation?

Die Simulation erzeugt eine wirklichkeitsnahe Verhandlungsdynamik: Trotz intensiven Bemühens ist auch nach über drei Stunden und drei Verhandlungsrunden das 2-Grad-Ziel noch nicht erreicht. „Die vierte Verhandlungsrunde werden wir jetzt offener gestalten. Debattiert noch mal in euren Gruppen, was ihr noch anbieten könnt. Wir haben nicht mehr viel Zeit, um unser Ziel zu erreichen“, mahnt Tim Ragg mit einem Blick auf die Uhr. Seine Mahnung erscheint in diesem Kontext mit einem doppelten Sinn ausgestattet. Und tatsächlich klappt es am Ende: Jede Delegation zeigt sich noch ein wenig kompromissbereiter, neue Zahlen werden ins Spiel gebracht und dann leuchtet „+2,0°C“ an der Tafel auf. Jubel bricht aus. Nur die Umweltschützer halten ein Schild hoch, auf dem steht: „Reicht noch nicht! 1,5°C“.

In der Feedback-Runde bewerten sowohl Schülerinnen und Schüler wie Studierende das Planspiel sehr positiv, gleichwohl werden Zweifel an der Kompromissfähigkeit der beteiligten Akteure im wahren Leben laut. „Vieles hängt vom Geld ab. Und ich bezweifle, dass die USA in Wirklichkeit so großzügig sein werden“, sagt eine Schülerin. Und auch der verhandelte Zeitraum wird kritisch gesehen. „Die Zahlen sind utopisch“, ist Jan Deller vom Suso-Gymnasium überzeugt. „Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern wird nicht so reibungslos laufen. Es wird länger brauchen und mehr Streitigkeiten geben.“ Es sei ihr klargeworden, sagt eine Schülerin, dass es an den Industrienationen sei, die Schwellenländer verstärk zu unterstützen. Einig sind sich alle, dass jede/-r etwas am eigenen Lebensstandard ändern muss.
(Bericht: Yvonne Martin)

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